Prêt à Porter Paris

Im Rahmen des Schulpraktikums der Jahrgangsstufe 11 hatte ich die Möglichkeit, zwei Wochen mit den russischen Modedesignerinnen Olga und Elena Bekritskaya zu verbringen. Die in Moskau geborenen Zwillinge kamen nach einer achtjährigen Ausbildung 1997 nach Berlin und studierten dort bei der englischen Modeschöpferin Vivien Westwood. Während ihres zweiten Studienjahrs bezogen sie das Atelier Time Tunnel in Köln.
Die ersten zwei Tage meines Praktikums verbrachte ich in diesem Atelier, wo ich die Bekritskayas mit einigen Näharbeiten an ihren sehr gewöhnungsbedüftigen Kleidungsstücken unterstützte. Ihr Stil ist überaus experimentell und verlangt daher, dass man sich intensiv mit ihm beschäftigt, um ihn zu verstehen.
Am darauf folgenden Tag flogen wir zusammen gegen Abend nach Paris zu einer ihrer wichtigsten Modemessen: Prêt à Porter Paris. Nachdem die ersten Orientierungsprobleme dort bewältigt waren, kamen wir in der kleinen Pariser Wohnung an, die uns von einer Freundin der Zwillinge zur Verfügung gestellt worden war.
Den Donnerstag begannen wir mit einem typisch französischen Frühstück: Croissants und Kaffee. Anschließend nutzten wir die verbleibende Zeit, bis wir zum Messegelände aufbrechen mussten, um ein paar letzte Stiche hier und da zu machen. In der Messehalle erwartete uns ein absolutes Chaos. Die Vorstellung, dass alles bis zum nächsten Tag fertig sein würde, lag in weiter Ferne. In diesem Durcheinander, das die Aussteller, Elektriker und nach Aufträgen suchende Models veranstalteten, bauten wir unseren Stand in der Abteilung Casabo Femme auf. Ebenfalls mussten noch Anmeldungen vorgenommen werden, wobei ich die Funktion eines Dolmetschers übernahm.
Und als wir am nächsten Tag zur Messe kamen, war tatsächlich alles perfekt fertiggestellt worden und sogar der rote Teppich war ausgerollt. Ansonsten blieb der Tag wenig spektakulär. Die meisten Besucher wurden erst am Wochenende erwartet, so dass nur wenige Interessenten erschienen, u.a. eine Stammkundin der Zwillinge.
Dafür wurden die folgenden zwei Tage erfolgreicher in Form von zwei Aufträgen: einem von einer Amerikanerin, die privat nach Los Angeles neun Kleidungsstücke und ein Accessoire bestellte, und einem von einer Portugiesin, die im Januar eine Boutique eröffnen will, in der nur Kleider solcher Labels verkauft werden sollen, die noch nicht in Portugal vertreten sind.
Der Montag wurde wieder, wie der Freitag, sehr ruhig. Aber als es dann Abend wurde und die Zeit zum Abbauen gekommen war, brach erneut das Chaos aus, das allerdings viel größere Dimensionen einnahm, da gleichzeitig zwei andere Messen auf dem Gelände zu Ende gingen.
In den verbleibenden Tagen hatte ich die Möglichkeit, Paris genauer kennenzulernen, denn ich hatte in der ganzen Zeit, in der wir schon in der Metropole waren, hauptsächlich nur deren Metrostationen gesehen. Natürlich zog es mich zuerst zu den bekannten Touristenorten wie dem Eiffelturm, Notre Dame und dem Louvre. Nachdem ich das alles und noch mehr gesehen hatte, was teilweise sehr enttäuschend war, begann ich, die Stadt zu Fuß zu erkunden, denn das Leben spielt sich in Paris immer noch größtenteils auf der Straße ab, insbesondere abends, wenn die Restaurants und Bars ihre Türen geöffnet haben und ihre Haupteinnahmen verbuchen. Ebenfalls suchte ich verschiedene Boutiquen auf, wozu auch ein überwältigender Besuch in der Galerie Lafayette gehörte. Schon die Architektur dieses Gebäudes lässt einen erstaunen. Die riesige Auswahl der Artikel setzt dem noch ein Krönchen auf.
Als dann der Tag meiner Abreise kam, stieg ich nur widerwillig in den Zug. Ich hatte mich zu sehr an den Prunk, aber auch den Lärm dieser Stadt gewöhnt. Daher kann ich keinem empfehlen, zu lange dort zu bleiben, weil mit der Dauer des Aufenthalts die Gefahr wächst, nicht mehr weggehen zu können.
Obwohl ich in dieser messegeprägten Zeit leider nicht den Weg einer Kollektion von den Entwürfen bis hin zur Präsentation verfolgen konnte, hat mich dieses Praktikum in meiner Absicht bestärkt, Modedesign zu studieren.
Sophia Büthe, Kl. 11a (2004/2005)