Der Mensch im Werk von Marianna Kalkhof

Im Rahmen der Kunst - Szene Nettetal besuchte ich im Herbst 2005 das Atelier der hiesigen Künstlerin Marianna Kalkhof. Die Vielfalt ihrer künstlerischen Arbeiten faszinierte mich, insbesondere die Arbeiten, in denen sich die Künstlerin mit der Darstellung des menschlichen Körpers auseinandersetzte. Ich nahm die Gelegenheit wahr, mich mit der Künstlerin persönlich zu unterhalten, um mehr über sie und ihre Intentionen in Erfahrung zu bringen. Im Zusammenhang mit meiner Facharbeit in Stufe 12 im Fach Kunst habe ich mich mit ihrem Werk ausführlich befasst und das Bild „Sonnentanz“ in Bezug zu „Tanz 1“ von Henri Matisse und „Les Demoiselles d´Avignon“ von Pablo Picasso gesetzt.

Das Bild „Sonnentanz“ entstand im Jahr 2004. Es handelt sich hierbei um ein Werk in der Größe von 2,40 m mal 1,00 m. Es entstand in Mischtechnik; gedruckte Vorlagen werden variiert und später von der Künstlerin übermalt.
Im Vordergrund des Bildes erkennt man sechs männliche Wesen, die zum Teil mit tierischen Attributen versehen, einen Tanz zu vollführen scheinen. Auch im Hintergrund sind menschliche Gestalten auszumachen. Wobei nicht klar wird, ob es sich hierbei nicht einfach nur um die Schatten der sechs „Sonnentänzer“ handelt.

Die verwendeten Feuertöne erzeugen eine freudige Atmosphäre. Trotz der dargestellten Fabelwesen, die auf manchen furchteinflößend wirken mögen, und verwendeten Komplementärkontrasten, bekommt man doch den Eindruck vermittelt, es handle sich um ein durchaus freudiges Ereignis, das es zu feiern gilt. Man spürt die Wärme und sieht die flirrende Luft aus Rauch, Hitze und Feuer.

Im Folgenden fragte ich mich, welche Bedeutung ein solches Werk in der heutigen Zeit haben könne. Erscheint nicht die Darstellung von feueranbetenden, mystischen Wesen in einer Zeit, in der Börsenkurse und Globalisierungstendenzen alles bedeuten, anachronistisch? Ich denke nicht. Waren doch die ersten menschlichen Darstellungen mythische Wesen, ähnlich wie die dargestellten Wesen im Bilde, so haben auch die vier Elemente Erde, Wasser, Luft und Feuer noch heute ihre immense Bedeutung für den Menschen behalten. Von der Steinzeit bis zum heutigen Tage empfindet der Mensch beim Anblick eines offenen Feuers, Schutz, Geborgenheit und die Gewissheit, satt zu werden. Ein Feuer schafft das Gefühl, in der Welt zu Hause zu sein, ganz egal wo.

Weltberühmte Künstler, wie Pablo Picasso und Henri Matisse von denen ich zwei exemplarische Werke in Bezug zum zuvor beschriebenen Bild Marianna Kalkhofs gesetzt habe, benutzten unterschiedliche Gestal-tungsmittel um die von ihnen gewünschte Darstellung des menschlichen Körpers zum Ausdruck zu bringen. Picassos „Les Demoiselles d´Avignon“ wirken in kubistischer Manier zerschnitten und neu zusammengesetzt. Matisse hingegen gestaltet seine Figuren flächig und grell (fauvistisch).

Beide wurden zunächst vom Weltpublikum weder verstanden noch anerkannt. Mittlerweile gelten beide aber alsWegbereiter für nachfolgende Künstlergenerationen. Neue Erkenntnisse in der Kunst werden heutzutage in der Regel dankbar aufgegriffen, auch in der lokalen Szene eines vergleichsweise bedeutungslosen Ortes wie Nettetal darf eine Künstlerin mit Formen und Farben experimentieren, Abstraktes und Konkretes darstellen, ohne dabei Skandale hervorzurufen. Marianna Kalkhof wird demzufolge in ihrem Heimatort von Kritikerkreisen gelobt und anerkannt.                                         
                                          Jan Liffers, Jgst. 13